Die Fakultät für Kulturwissenschaften ist eine von sechs Nachfolgeinstitutionen, in die sich die ehemalige Philosophische Fakultät im Jahre 1969 aufteilte. Manifestationen von Kultur sind Forschungsgegenstand aller Einzeldisziplinen und geben der Fakultät ihren inneren Zusammenhang. Die Fakultät umfaßt 21 Fächer in 13 Instituten und Seminaren, in denen in Forschung und Lehre unterschiedliche Arten von Quellen untersucht und vermittelt sowie eine Vielzahl von Fragestellungen und Methoden angewendet werden. Künstlerische Erzeugnisse, Schrift- und Sachgut bilden die wichtigsten Quellentypen für die historisch orientierte Forschung, während für gegenwartsbezogene Fragestellungen heutige Gesellschaften Gegenstand der Forschung sind.
Regionale Forschungsschwerpunkte der Fakultät sind traditionell der Mittelmeerraum mit Ägypten und den angrenzenden Gebieten des Nahen Osten, Mitteleuropa, der indische Subkontinent sowie Ostasien. In der Vielfalt der Forschungsgegenstände und in der Beschäftigung mit unterschiedlichen Kulturräumen unterscheidet sich die Fakultät für Kulturwissenschaften von anderen Fakultäten.
Interdisziplinäre Kommunikation im Rahmen der Fakultät und über ihre Grenzen hinaus liegt in der Natur der Forschungsgegenstände. Methoden der Philologie, Musikwissenschaft, Archäologie, Religionswissenschaft und Ethnologie (insbesondere Feldforschung) sind von zentraler fakultäts-spezifischer Bedeutung. Zudem öffnen sich die in der Fakultät vertretenen Fächer in vielfacher Weise zu Linguistik, Philosophie, Literatur- und Geschichtswissenschaft sowie zu relevanten Naturwissenschaften. Auch politik-, sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Fragestellungen sind einbezogen. In der Ethnologie sowie den orientalistischen und asienwissenschaftlichen Disziplinen ist im letzten Jahrzehnt eine deutliche Hinwendung zum Studium der gegenwärtigen Gesellschaften erfolgt, auch im Hinblick auf die politische und ökonomische Bedeutung dieser Regionen. Ein Ausdruck dieser Entwicklung ist die Einrichtung des "Zentrums für japanische Sprache" der Universität Tübingen in Kyoto.
Das Fach Religionswissenschaft bildet einen institutionellen Rahmen für interdisziplinäre Forschung. Eine Brückenfunktion hat auch die Vergleichende Sprachwissenschaft. Durch die Vereinigung der Urgeschichte mit der Vor- und Frühgeschichte und die dadurch erfolgte Konstitution des neuen Faches Ur- und Frühgeschichte wurde eine stärkere naturwissenschaftliche Ausrichtung und geographische Erweiterung erreicht.
Ein Gewinn für Forschung und Lehre ist die Konzentration der "Denkmalfächer" auf Schloß Hohentübingen, zumal diese jetzt durch neue Professuren für Vorderasiatische Archäologie und für Archäologie des Mittelalters sinnvoll ergänzt werden konnten. Damit ergibt sich die Möglichkeit zu noch engerer Zusammenarbeit vor allem auch auf dem Gebiet archäologischer Ausgrabungen. Diese bilden, eingebunden in interdisziplinäre und internationale Kooperation, einen besonderen Schwerpunkt innerhalb der Forschungs- und Ausbildungsaktivitäten der Fakultät. Beispielhaft ist hier das Troia-Projekt. In einen solchen Rahmen ist auch das DFG-Schwerpunktprogramm "Kulturraum Karakorum" eingeordnet, das Ethnologen, Geographen, Orientalisten und Linguisten die Chance zu interdisziplinärer und internationaler Forschung in Nordpakistan gibt.
Die namentlich genannten Projekte stehen beispielhaft für zahlreiche weitere Forschungsleistungen der Fakultät. Sie alle finden ihren Niederschlag in einer Fülle von Publikationen. Die für die Geisteswissenschaften charakteristische forschungsgestützte Lehre ebenso wie die nicht als "Projekte" zu definierenden kleineren Spezialforschungen können hier zwar nicht einzeln erfaßt werden, sie bilden aber in ihrer Summe einen besonders ergiebigen und facettenreichen Forschungssektor der Fakultät.
Die Zahl der aufgeführten Projekte hat sich gegenüber dem letzten Berichtszeitraum weiter erhöht (von 80 auf 112). Dabei sind verstärkt auch die Arbeiten von Nachwuchswissenschaftlern berücksichtigt. Eine weitere positive Entwicklung ist die gestiegene Zahl der Professorinnen innerhalb der Fakultät (von 4 auf 7). Trotz neuer Aufgaben, nach wie vor hoher Studentenzahlen und schmerzhafter Mittelknappheit, die besonders auf Kosten der Institutsbibliotheken geht, bemüht sich die Fakultät, in Forschung und Lehre den Standard zu halten, der den Erwartungen im In- und Ausland entspricht.
qvf-info@uni-tuebingen.de(qvf-info@uni-tuebingen.de) - Stand: 30.11.96